Dienstag, 28. März 2017

Yogi Tee

Ich trank heute abend mit einer lieben Freundin einen Yogi Tee. Die Freundin und ich kennen uns nun seit 33 Jahren; zuerst begegneten wir uns mit neun, als wir gemeinsam drei Wochen im Sommer ins Zeltlager fuhren. Und fortan führte das Leben uns immer wieder zueinander, wenn unsere Wege sich getrennt hatten. Eine Weile nach dem Zeltlager besuchten wir dieselbe Schule in veschiedenen Jahrgängen. Es folgten weitere Zeltlager. Im jungen Erwachsenenalter fuhren wir als Gruppenleiter mit selbiger Organisation wieder ins Zeltlager. Jahre später trafen wir uns an der Uni in einer nahen großen Stadt wieder. Und studierten dasselbe in unterschiedlichen Semestern. Und noch viele Jahre später begann sie dort zu arbeiten, wo ich bereits eine Weile arbeitete und seither sind wir neben unserer Freundschaft auch Kolleginnen. 
Eine sehr bedeutsame Zeit in unserer Freundschaft war die Zeit, wo wir uns regelmäßig in einem Restaurant sahen. Ein klitzekleines indisches, mit wenigen Tischen, mitten im "Viertel". Sie arbeitete dort - und ich saß an der Theke und trank Yogi Tee. Wenn es ruhig war, hatten wir viel Zeit, miteinander zu reden, während sie Getränke bereitete oder Gläser polierte. Oft aber war es voll, was allerdings in keiner Form schlimm war. Ich war gerne dort, war nicht allein. Und ich hatte immer ein Blanko Buch dabei. Und schrieb. Ich schrieb viel zu der Zeit, so wie ich gerne schreibe. Worte, die scheinbar ohne Umwege über ein bewusstes Denken auf das Papier fließen. Worte, die ordnen. Worte, die mich mir näherbringen, wenn ich sie lese. Manchmal, damals auf jeden Fall, jedoch auch Worte, die mich selber bestürzten. Ich schrieb Dinge, die ich nicht zu denken wagte, Dinge, die ich nicht hätte benennen können. Schreibend fanden sie ihren Weg, den ich ihnen sprechend und auch denkend nicht geben konnte. Es war gut, in einem Rahmen schreiben zu können, der Struktur und Normalität gab, inmitten von Menschen, nahe an einer lieben Freundin. Wohlmöglich hätte ich mich sonst all zu oft verloren in dem Dunkel der Zeilen. Es waren schwere Zeiten. Meine Freundin war da. Immer. Und immer gab es diesen Tee dazu, der nur dort so schmeckte. Und heute schmeckte er noch ganz genauso - dasselbe Restaurant, an anderer Stelle, dieselben Leute, die ihn kochten. Und er ist so ein ganz zarter, dennoch bestimmter und vertrauter Seelenpfleger, dass es mir nun ganz warm ums Herz ist.

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